Steueranker Steuerberatungskanzlei Mag. Andrea Sedetka

Der 12-Stunden-Tag – was ändert sich wirklich?

12 Stunden freiwillig arbeiten – die Neuerungen im Arbeitszeitgesetz sind bereits mit 1.9. in Kraft getreten. Und sorgen für Aufregung und Verwirrung. Doch was ändert sich wirklich und für wen?

Es wurde vieles noch in letzter Minute geändert: Die neuen Regelungen des Arbeitszeitgesetzes sollten ursprünglich 2019 in Kraft treten – sie gelten aber bereits ab 1. September dieses Jahres. Außerdem dürfen Arbeitnehmer die angeordnete elfte und zwölfte Stunde pro Arbeitstag auch ohne Angabe von Gründen verweigern und stehen trotzdem unter Kündigungsschutz.

Eine weitere Neuerung ist, dass Mitarbeiter bei Überstunden ab der elften Stunde täglich ein Recht auf Zeitausgleich bekommen. Was sich sowohl für Arbeitgeber, als auch für Arbeitnehmer ändert und wovon Unternehmen am meisten profitieren erfahren Sie im Detail hier:    

Der 12 Stunden Tag: Vorteile für den Arbeitgeber

Das Wichtigste für Arbeitgeber gleich zu Beginn: Ihre Mitarbeiter arbeiten in der elften und zwölften Arbeitsstunde ab jetzt straffrei. Das bedeutet, die empfindlich hohen Verwaltungsstrafen fallen weg, solange Ihre Arbeitnehmer unter der Zwölf-Stunden-Grenze bleiben. Wöchentlich wurde die maximale Arbeitszeit also von 50 auf 60 Stunden erhöht.

Daraus ergibt sich ein weiterer Vorteil für Arbeitgeber: Überschreitungen der Arbeitszeiten sind von Arbeitsinspektoren jetzt schwieriger zu kontrollieren und folglich auch nachzuweisen. Bisher wurde vor allem die tägliche und wöchentliche Arbeitszeitgrenze kontrolliert. Bei einem Durchrechnungszeitraum von 17 Wochen durften Arbeitnehmer höchstens 48 Wochenstunden im Schnitt arbeiten. Dieser Zeitraum lässt aber nicht viele 12-Stunden-Arbeitstage zu, darum werden sich Arbeitsinspektoren wohl zukünftig auf die Kontrolle des 48-Stundenschnitts im jeweiligen Durchrechnungszeitraum konzentrieren.

Der 12 Stunden Tag: Vorteile für den Arbeitnehmer

Arbeitnehmer dürfen diese Überstunden ohne Angabe von Gründen ablehnen. Das Gesetz schreibt hier ein Benachteiligungsverbot vor: Sie dürfen dadurch nicht ihren Kollegen gegenüber schlechter gestellt werden. Sollte dem Arbeitnehmer trotzdem aus diesem Grund gekündigt werden, kann er diese Kündigung anfechten.

Die Normalarbeitszeit von 40 bzw. 38,5 Stunden bleibt weiterhin bestehen, alles Weitere sind Überstunden, die ebenso mit 1:1,5 in Geld oder Freizeit – je nach Vereinbarung – abgegolten werden. Ab jetzt können Arbeitnehmer ab der elften oder zwölften Überstunde täglich bzw. der 51. bis 60 Überstunde wöchentlich entscheiden, ob ihnen Geld oder Freizeit lieber ist. Künftige neue Kollektivverträge könnten Zeitguthaben aber in neue Perioden übertragen, darum könnte es auch zu weniger Überstunden kommen.    

Unsicherheiten bei Gleitzeiten

Unklar ist, was mit Gleitzeitvereinbarungen geschieht. Das Gesetz ist hier nicht eindeutig und es werden wohl erst Gerichtsentscheidungen Klarheit bringen, denn: Vom Arbeitgeber angeordnete Arbeitsstunden, die über die Normalarbeitszeit hinausgehen, sind nun Überstunden. Ist dann jede Arbeit, die über die Normalarbeitszeit hinausgeht eine Überstunde, auch wenn sie innerhalb des Gleitzeitrahmens liegt?

Auch die Bezahlung der Überstunden ist ungewiss. Bestehende Gleitzeitvereinbarungen werden weitergeführt. Sie sehen vor, dass Überstunden erst ausbezahlt werden, wenn sie innerhalb der Gleitzeitperiode nicht ausgeglichen werden können. Allerdings könnten neue Kollektivvertragsverhandlungen mehrmalige Übertragungen in weitere Perioden ermöglichen – dann würden Überstunden in eine ferne Zukunft verschoben werden. 

Die umstrittene All-in-Vereinbarung

Durch All-in-Vereinbarungen werden Überstunden, aber auch Wochenenddienste oder Zuschläge von vornherein mit einem höheren Gehalt abgegolten. Es gibt unterschiedliche Meinungen dazu, ob Arbeitnehmer ab jetzt ums gleiche Geld mehr arbeiten müssen.

Einerseits seien Überstunden mit angemessener Überzahlung weiterhin möglich wie bisher. Andere Meinungen tendieren aber in die entgegengesetzte Richtung: Da der 12-Stunden-Tag neu ist, muss hier zukünftig neu geregelt und vereinbart werden. Auch das könnte erst durch langwierige Gerichtsentscheidungen klar formuliert werden.

Vom Arbeitszeitgesetz ausgenommene Personen

Durch die neuen Regelungen wurde der Personenkreis, der vom Arbeitszeitgesetz ausgenommen ist, erweitert.

Neben den bisherigen Ausnahmen sind nun grundsätzlich auch

  • nahe Angehörige des Arbeitgebers (Eltern, volljährige Kinder, im gemeinsamen Haushalt lebende Ehegatten/Partner sowie Lebensgefährtin oder Lebensgefährte, wenn seit mindestens drei Jahren ein gemeinsamer Haushalt besteht) und
  • leitende Angestellte (diese waren bisher schon ausgenommen) oder sonstige Arbeitnehmer, denen maßgebliche selbständige Entscheidungsbefugnis übertragen ist,

ausgenommen, wenn deren gesamte Arbeitszeit aufgrund der besonderen Merkmale der Tätigkeit nicht gemessen oder im Voraus festgelegt wird oder von diesen Arbeitnehmern hinsichtlich Lage und Dauer selbst festgelegt werden kann.

Schwierig wird es, zu bestimmen, wer genau in diese Regelung fällt. Für individuelle betriebliche Situationen ist jedoch generell der entsprechende Kollektivvertrag maßgeblich.

Neu heißt nicht immer schlecht

Wichtig für Arbeitnehmer: Je besser der Betriebsrat in ihrem Unternehmen organisiert ist, desto weniger werden sie von den Neuerungen betroffen sein. Ebenso gilt das für Arbeitgeber: Wem gute Arbeitsbedingungen und motivierte Mitarbeiter wichtig sind, wird wohl kaum Nachteile für sein Personal einführen.

Sie haben Fragen zu der neuen Arbeitszeitflexibilisierung? Dann wenden Sie sich an uns, wir helfen Ihnen gerne weiter: www.steueranker.at.